ungeduldiges papier

Secession Wien, 1984

„ungeduldiges papier – sagen wir es umgekehrt: dulden ist: ergehen lassen, etwas unangenehmes – etwas zu genehmes.
vis-à-vis herrscht ungeduld explosionen der gedanken.
über die unerklärbaren reaktionen fährt der wille auf die nächst bessere basis.
langsam oder schnell
kunst entsteht“

K. Reisinger

 

„ungeduldes papier, das mich drängt, ein stück des wegen miteinander zu gehen, vergängliche spuren in vergänglicher zeit, quer über die grenzen zu legen, einzudringen in neues land, gemeinsames abenteuer, herausfordernd, spröd und aufständisch, ein gegeneinander bis zum zerreißen.“

Gerhard Lojen, Neußerling, 1984

 

die künstlervereine sind tot – es leben die künstlerverein!

„...sorgte 1977 eine aktion größeren ausmaßes für seither ungewohnten zündstoff im grazerkunstleben: unter der führung von Gottfried Fabian trat eine als „gruppe 77“ bezeichnete künstlerschar aus der auch in den späten nachkriegsjahren künstlerisch fruchtbaren sezession aus. offen ausgesprochene unzufriedenheit mit der ständig sinkenden qualität der alten vereinigung war der anlaß zu diesem schritt. daß ihn gerade fabian initiierte und verantwortete, diese aktion gleichsam in ihm und durch ihn eine identifikationsfigur fand, legte zeugnis für die ungebrochene geistige und künstlerische vitalität des wahlsteirers ab. seine sache war die „vereinsmeierei“ nicht, also war er auch von vornherein über jeden vorwurf erhaben, die häutung sei nur erfolgt, um ihn zum präsidenten zu machen. aber langeweile, stagnation, falscher ehrgeiz an den falschen positionen ließen ihn aus der zurückgezogenheit, die er den jüngeren zuliebe gewählt hatte, an die vorderste linie eines kampfes treten, der gegen den erschlaffenden künstlerischen zugriff gerichtet war. mit der aufnahme von theoretikern, kunstschriftstellern und –vermittlern in den kreis setzten die „77er“ zeichen, die aktivität einer künstlergruppe auch in dieser richtung zu verstärken.

sollte die nun siebenjährige gruppe eines tages die zielsetzung, unabhängig vom alter ihrer mitglieder ein forum für junge kunst zu sein, nicht mehr erfüllen, wäre es im sinne ihres verstorbenen präsidenten, saftlos gewordene schalen abzustreifen, um den geschmack des fruchtigen kerns nicht zu verlieren.

eine etwas unter zeitdruck geratene ausstellung zum thema „ungeduldiges papier“ vermag sicherlich nicht eine vollkommen gültige und vollständige bestandsaufnahme über eine künstlervereinigung zu geben(vollständigkeit anstelle von konzentration ist ja oft auch nicht unbedingt ein positives merkmal der schon zitierten „jahresausstellungen“). was aber von allem anfang an ins auge springt, ist die große bandbreite der artikulationen, ob sie nun speziell zum thema gefertigt oder in dieses eingebracht wurden. dieser reichtum an möglichkeiten verleiht der ausstellung „zeitschnitt“-charakter, ohne deswegen in die beliebigkeit des „salons“ azugleiten. selbst dem einen oder anderen „unfertigen“ begegnet man mit mehr interesse als der hermetisch verschlossenen manier jedweder perfektion.

die beschränkung auf das „ungeduldige“ papier erlaubt dem betrachter zudem ein konzentriertes rezeptionsverhalten. weil das aber nicht die eindimensionale ausrichtung auf die zeichnung, das aquarell, die druckgrafik bedeutet, vermag die vielfalt visuellen erlebens bereits mit dem aufspüren des verhältnisses der einzelnen künstler zum thematisch gewählten bildträger einzusetzen. ...“

Text von Werner Fenz

 

Beteiligte KünstlerInnen:
Erika Lojen, Vevean Oviette, Fria Elfen, Gerhard Lojen, Johann Fruhmann, Klaus Reisinger, Richard Hirschbäck, Helmuth Nager, Hans Giegerl, Stefan Maitz, Edith Temmel, Wolfgang Rahs, Joachim Baur, Gottfried Fabian, Erwin Lackner, Doris Jauk-Hinz, Hans Kuhness, Dietmar Kiffmann

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