A Subject Line
Künstlerhaus Graz, 1995
Siegfried Amtmann, Gernot Pock, Klaus Reisinger
Amtmann – Bond Street:
Zuerst ist es nur ein Gedanke, dann eine Vorstellung, und schließlich wird es ein Plan, den du ernst nimmst und auszuführen beginnst. Du rhythmisierst hermetische Flächen und dich beginnt zu interessieren, wie die Strenge zwischen den Horizontalen gelockert werden kann oder eine Komposition, anstatt auf die Mitte hin, zur Peripherie und über diese hinaus zu richten ist. Du streckst einen Kreis, der dir zu abstrakt und absolut erscheint, zur Ovalform und setzt diese als verdreifachte Klangfigur auf einen mäßig strukturierten Resonanzboden. Du möchtest >>irrationale Erlebnisqualitäten<< einbringen, findest aber erst Ruhe, wenn du den rationalen Zusammenhang von Einfachheit und Wirkung gefunden hast. Du suchst nach theoretischen Grundlagen, doch Theorien lassen sich nicht formen, man arbeitet eher an Versuchen. Bilder, entstanden aus Versuchen, sind mehr schematisch als theoretisch. Die theoretische Komponente liegt einzig darin, dass du mit deinen Augen, einem Scanner gleich, die Oberfläche ab- und ertastest, aber keine neutralen Dinge siehst, da du keine neutralen Gedanken hast. Deine Bilder zeugen demnach gleichermaßen von deinen (oft fehlerhaften) Versuchen und deinem (strapazierten und manipulierten) Denkfeld. Du überlegst, an wen du die Adresse richten sollst.
Gernot Pock – Zur Technologie der Arbeiten:
Das lineare Element dieser Bilder entsteht durch Brandspuren unterschiedlich starker und mit verschiedener Geschwindigkeit abbrennender Zündschnüre und Anzündlitzen. Diese ersetzen in gewisser Hinsicht Stift und Pinsel. Flächige Teile des Bildes werden erreicht, indem man diese Stellen mit Schießpulver oder Nitropulver bestreut. Als Binde- und Haftmittel wird Reisstärke verwendet. Auch stufenlose Übergänge von hellen zu dunklen Flächen und umgekehrt sind möglich. Die entstehenden Flächen erhalten Aquatintacharakter. Mit Wasserglas bestrichene Malgründe werden vom Feuer verschont und bleiben als Bildteile erhalten. Breite, Intensität und Farbe (Schwarz-, Grau-, Weiß-, und Braunwerte) von Strich und Fläche werden durch die Wahl der Zündschnüre und durch die Dichte des Schießpulverauftrages bestimmt.
Klaus Reisinger – Indigo und Zurück:
INDIGO UND ZURÜCK ist eine Installation von 32 Bilder, 2 Betrachtern und Attributobjekten, ein auf den ort der Präsentation bezogenes Ambiente. Wer die Augen- und Denkreise nach INDIGO antritt, erfährt Aspekte der Lichtkinetik, der Minimalmalerei und des Objekts.
DIE LICHTKINETIK In der klar definierten Komposition trifft die plastische Metallstruktur auf das Korsett des immer gleich bleibenden Balkens, der einmal würfelnd und stolpernd und dann wieder ruhig durch den fingierten Indigoraum zieht. Dieses Gebärdenspiel ist einer Partitur gleich genau konstruiert. Die Beschränkung allein auf eine Farbe genügt für ein Abenteuer der Augen, denn wo immer der Betrachter vor dieser Arbeit steht oder sich bewegt, stets wird er durch seine Bewegung den veränderten Lichtwinkeln eine Chance geben und eine geänderte Optik wahrnehmen können. Selbst der natürliche Lichtwandel des Tagesablaufs greift in diesen Prozess massiv ein. Die Arbeit sieht im gestreuten Licht des Morgens ganz anders aus als im intensiven Mittagslicht, das sogar die monochrom wirkende Restbildfläche in Hell-Dunkel-Bereiche teilt.
DER INDIGO ist unverdächtig. In der Massivität fast ein Schwarz, lässt er sich in unendlich viele Blaustufen auslasieren und wird dabei niemals ärgerlich, driftet kaum in Rot- oder Grünbereiche, sondern bleibt durch seinen Schwarzanteil das, was er ist: neutral und mythenrein und vor allem deshalb unverdächtig. Ursprünglich einer subtropischen Pflanze entnommen und in Reichs- und Landesgesetzen als eine gefährliche Teufelsfarb’ verboten, wird er heute natürlich synthetisch hergestellt und prägt in der Verwendung zum Färben der Jeansstoffe die Kultur mehrerer Generationen.
DAS OBJEKT ist das Ganze und der Betrachter, der mitgebracht wird; die Interpretation eines Zustandes in einer Figur, die eine Reise nach INDIGO unternimmt, dorthin emigriert und mutiert wie der Künstler selbst. Dieser Anreisende und dieser Ankommende stehen unter Strom, halten sich an die Zündelektroden einer Neon-Lichtlinie wie an eine Fahrkarte nach INDIGO UND ZURÜCK.